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Marco-1977s Blog

Marco-1977
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Soteriologisches Fundament: Die Schulddifferenzierung

Soteriologisches Fundament: Die Schulddifferenzierung - glaube,exegese,bibel,sünde In diesem Blogbeitrag möchte ich mich mit dem Thema der Schuldhaftigkeit im Kontext der Soteriologie (Heilslehre) / Hamartiologie (Sündenlehre) beschäftigen. Wie ich es bereits bei der Eschatologie getan habe, werde ich auch im Bereich der Soteriologie bei Null beginnen – also beim fundamentalen Verständnis.

Die sogenannte „Schuldhaftigkeit“ oder einfach „Schuldigkeit“ stellt aus theologischer Sicht die Ursache für den göttlichen Heilsplan dar. Es ist ein zentrales und fundamentales Thema unseres christlichen Glaubens.

Viele Brüder und Schwestern, die ihren Glauben nicht vertiefen möchten, nehmen die Schuldhaftigkeit oft als gegeben hin. Sie betrachten sie aus einer eher oberflächlichen Perspektive, ohne sich mit ihrer eigentlichen Bedeutung und Differenzierung auseinanderzusetzen. Theologisch betrachtet ist eine Schuldhaftigkeit jedoch nicht gleichbedeutend mit einer einheitlichen, abstufungslosen Schuld. Vielmehr zeigt sich, dass sie sich aufgliedert und in unterschiedlichen Verhältnissen zueinander steht.

Gerne möchte ich im Folgenden die bekanntesten dieser Verhältnisse und Varianten nennen und erläutern.

Die zwei bekannten Hautkategorien sind die Erbschuld (peccatum originale) die in Kollektiv Schuld übergeht und die persönliche Schuld des einzelnen (peccatum personale). Diese werden aufgegliedert in:

Fatum Schuld (Vorherbestimmte Schuld)
Diese Schuldform (lat. fatum = Schicksal, Vorherbestimmung) bezieht sich auf die Vorstellung, dass Schuld bereits vor der eigenen Entscheidung feststeht, etwa im Rahmen der Prädestinationslehre. In der Theologie spricht man auch von Kausalität der Vorherbestimmung. Vereinfacht also eine Schuld für die man nichts kann.

Intentions- Schuld (Vorsätzliche Schuld)
Diese Schuldform bezieht sich auf die Vorstellung, dass Schuld die aus bewusster und willentlicher Entscheidung entsteht, meist im Zusammenhang mit Vorsatz (lat. deliberatio) und Absicht aus absoluter Überzeugung.

Akzidens- Schuld (Unbeabsichtigte Schuld)
Diese Schuldform bezieht sich auf die Vorstellung, dass Schuld zufällig und aus Unwissenheit bis hin zur Fahrlässigkeit entsteht. Also ohne Vorsatz und Absicht, aus versehen.

Reaktions- Schuld (Impulsive Schuld)
Diese Schuldform bezieht sich auf die Vorstellung, dass Schuld spontan als Reaktion hervorgeht. Häufig unüberlegt und aus Emotionen heraus.

Kontextuierte Schuld (Situations- Schuld)
Diese Schuldform bezieht sich auf die Vorstellung, dass Schuld aufgrund von kontextabhängigen Gegebenheiten und Situationsbedingt hervorgeht. Teils ohne sich über Folgen bewusst zu sein. (Notsituation, aus Bedrängnis heraus).

Suggestiv Schuld (Induzierte Schuld)
Diese Schuldform bezieht sich auf die Vorstellung, dass Schuld durch Einflussnahme, Manipulation und Beeinflussung hervorgeht. Eine Schuld in die man geführt wird.

Die zentrale Frage lautet: Besitzt der Mensch überhaupt eine Schuldigkeit, oder wird diese lediglich suggeriert? Es ist wichtig zu unterscheiden: Man sollte keinesfalls die Schuld, die aus einer freien Entscheidung resultiert, mit einer Konsequenz gleichsetzen. Hier liegen erhebliche Unterschiede.

Hat Eva im Garten Eden durch das Essen der Frucht eine Schuld auf sich geladen, oder hat sie vielmehr eine Entscheidung getroffen, die eine Konsequenz nach sich zieht? Die Konsequenz ist dabei nicht per se positiv oder negativ zu bewerten, da sie im subjektiven Erleben individuell interpretiert wird. Wenn Eva tatsächlich eine Schuld auf sich geladen hätte, wäre diese vor Gott nicht relevant, auch nicht für sie selbst. Allerdings tritt die Schuld in der Nachkommenschaft auf, als Kollektivschuld, da sie direkt von der Schuld betroffen sind.

Warum Eva vor Gott keine Schuld im eigentlichen Sinne hätte, erklärt sich daraus, dass Gott ihr eine freie optionale Entscheidung eingeräumt hat: Sie konnte entweder die Frucht essen oder sie nicht essen. Der Ungehorsam wurde also bewusst in die Optionsmöglichkeit von Gott einbezogen.

Daraus wird deutlich, dass man theologisch auf verschiedenen Ebenen tiefergehende Überlegungen anstellen kann, als von einem "einfachen" Schuldverständnis aus zu gehen.

Im Garten Eden hatten wir es nicht mit einem formellen Gesetz zu tun, weshalb keine Gesetzesübertretung im klassischen Sinne vorliegt. Entscheidend ist die Semantik in Gen 2,16-17, wo im Urtext, eher mit „sollst“ statt „darfst“ übersetzt werden sollte. „Sollst“ weist auf eine Empfehlung oder einen Hinweis hin, während „darfst“ auf ein Verbot schließen lässt. Außerdem bedeutet das hebräische Wort „צַו“ (tsav) im Zusammenhang eher „Anweisung“ als ein Gesetz, da Gott zuvor kein verbindliches Gebot ausgesprochen hat. Es handelt sich daher vermutlich vielmehr um eine wohlmeinende Warnung oder einen Hinweis Gottes.

Trotzdem traf Eva eine Entscheidung, die die Warnung missachtete. Diese Entscheidung bringt die eigentliche Schuldfrage ins Spiel. Die theologische Frage lautet nun, ob Eva eine vorbestimmte Schuld, unbeabsichtigte Schuld, impulsive Schuld, situative Schuld oder induzierte Schuld auf sich geladen hat. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn sie beeinflusst das Fundament, auf dem unser soteriologisches und hamartiologisches Verständnis aufbaut. Wer sich einer Antwort entzieht, läuft Gefahr einen falschen Glauben zu unterliegen.

Ich persönlich finde diese Frage schwer zu beantworten, da sie stark von der jeweiligen Perspektive abhängt. Aus sozialer und psychologischer Sicht könnte man bei der situativen oder impulsiven Schuld fragen, ob Eva das Ausmaß ihrer Entscheidung wirklich erkannt und richtig eingeschätzt hat. Man könnte sich auch fragen, warum Gott hier keinen Welpenschutz, eine Schonfrist gewährt hat. Schnell kommt man dann auf den Gedanken einer inszenierten und notwendigen Handlung im Kontext des Sündenfalls.

Wenn ich mich nun entscheiden muß, würde ich die induzierte Schuld als die wahrscheinlichste Variante ansehen. Ich sehe Gottes Plan als etwas Komplexeres, das kein einfaches Schwarz-Weiß-Denken zulässt. Die inszenierte / arrangierte Notwendigkeit im Kontext des Sündenfalls erscheint mir daher als das wahrscheinlichste Modell. Schuld wäre demnach die eigentliche Konsequenz als Bestandteil einer notwendigen Handlung im göttlichen Heilsplan. Interessant finde ich, das meine Grundüberzeugung ähnlich wie bei der Eschatologie, wo ich die Bundestheologie und den Postmillenarismus vertrete auch hier in der Soteriologie eine optimistische und positive Betrachtung einnehme.

Was habe ich aus dieser Thematik für Erkenntnisse gewinnen können? Ganz klar ist für mich geworden, dass Schuld nicht gleich Schuld ist. Theologisch betrachtet ist der Sachverhalt deutlich komplexer, als die einfache Aussage, dass wir alle schuldig sind. Während es wichtig ist, Dinge nicht unnötig zu verkomplizieren, sollte man auf der anderen Seite auch nicht alles zu sehr vereinfachen. Es kommt immer auf die Angemessenheit an. Zudem wurde mir noch einmal deutlicher, wie das Verhältnis von 1. Mose 2,16-17 und Römer 3,10 zueinander steht.

Ich bin allerdings auch etwas frustriert, weil ich für die Ausarbeitung dieser Themen oft sehr viel Zeit brauche. Ich verstehe vieles nicht auf Anhieb, da der Anspruch höher ist als schlichtes Christsein. Theologie macht mir zwar große Freude und ist für mich eine echte Bereicherung, doch ist sie auch äußerst anspruchsvoll, weil es schwer ist, die Details gedanklich vollständig zu erfassen. Immer wenn man meint, die Wahrheit gefunden zu haben, tauchen neue Hinweise auf, die weitere Fragen aufwerfen. Und das ist erst die Oberfläche, auf der ich mich befinde. Deshalb schließe ich nicht aus, dass sich meine Positionen im Laufe weiterer Erkenntnis noch verschieben könnten.

Vielleicht konnte ich mit diesem Beitrag den einen oder anderen ermutigen, selbst eine Entscheidung darüber zu treffen, wie er die Schuldvariante in Eva versteht.

Warum man als Christ sich auch hier entscheiden sollte, geht aus einem Gleichnis in Matthäus 7,24-27 hervor. Wer schon im Fundament einen Fehler macht, sei es aus Falschübersetzung und falscher Deutung oder aus Unkenntnis, dessen Glaubenshaus könnte dann auf keinen festen Fundament stehen. Daher lohnt sich die Mühe.

LG. :-)


Verfasst: 25.10.2025, 17:41 Uhr

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